Elfriede Scholz

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Gedenktafel am Haus, Suarezstraße 31, in Berlin-Charlottenburg
Stolperstein für Elfriede Scholz in Dresden

Elfriede Maria Scholz, geborene Remark (* 25. März 1903 in Osnabrück; † 16. Dezember 1943 in Berlin-Plötzensee), war eine deutsche Schneidermeisterin, die 1943 dem Terror des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fiel.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elfriede Remark kam – fünf Jahre nach ihrem Bruder, dem späteren weltbekannten Schriftsteller Erich Maria Remarque – als jüngstes von vier Kindern des Buchbinders Peter Franz Remark (1867–1954) und der Anna Maria Remark, geb. Stallknecht (1871–1917), zur Welt. Als Kind kränkelte sie häufig. Sie war infolge eines Mangels an roten Blutkörperchen und wegen schwacher Knochen zwei Jahre lang gelähmt.[1] Trotzdem absolvierte sie eine Schneiderlehre. Eine 1923 geborene uneheliche Tochter starb nach wenigen Monaten an Herzschwäche.[1] Über die damalige Modemetropole Leipzig 1926 und Berlin kam sie schließlich nach Dresden, wo sie sich 1929 als selbständige Damenschneidermeisterin niederließ. 1941 heiratete sie dort den bei der Kriegsmarine dienenden Musiker Heinz Scholz.[2]

Wie ihr Bruder war sie eine überzeugte Gegnerin der Nationalsozialisten. Eine Aussage gegenüber einer Kundin, dass der Krieg doch verloren sei, führte nach Denunzierung und Anzeige wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ durch den Hauptmann Hans-Jürgen Rietzel bei der Gestapo zu ihrer Verhaftung.[1] Im Oktober 1943 wurde sie vor dem Volksgerichtshof in Berlin unter Vorsitz von Roland Freisler wegen „Wehrkraftzersetzungzum Tode verurteilt. Freisler soll sich in seinem Urteil explizit auf ihren pazifistischen Bruder bezogen und während der Verhandlung ausgerufen haben: „Ihr Bruder ist uns entwischt, Sie werden uns nicht entwischen.“[1]

Das Urteil wurde am 16. Dezember 1943 in der Richtstätte des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee durch Enthauptung mit dem Fallbeil vollstreckt. Nach der Hinrichtung wurde der Körper an den Anatom Hermann Stieve überstellt, der diesen für seine Forschungen zur Funktionsweise der Monatsblutung nutzte. Die daraus gewonnenen anatomischen Präparate wurden erst am 13. Mai 2019 nach dem späten Auffinden in Stieves Nachlass auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin bestattet.[3]

Die Nachricht vom Tod seiner Schwester, zu der der Kontakt abgebrochen war, veranlasste ihren Bruder Erich Maria Remarque, sich in seinem Werk mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Der Roman Der Funke Leben (1952) ist seiner Schwester gewidmet. Er hatte von ihrem Tod erst am 11. Juni 1946 erfahren.[1]

In der Bundesrepublik bemühte sich der Anwalt Robert W. Kempner im Auftrag von Remarque bei der Westberliner Staatsanwaltschaft um eine strafrechtliche Verfolgung der noch lebenden Prozessbeteiligten. Am Todestag Remarques, am 25. September 1970, erhielt Kempner den Einstellungsbeschluss des Kammergerichts Berlin. Laut Kempner hatte die Staatsanwaltschaft nicht einmal den seinerzeitigen Beisitzer Kurt Lasch vernommen.[4] Somit galt Elfriede Scholz weiterhin als rechtskräftig verurteilt. Das Todesurteil wurde erst 1998 durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aufgehoben.[1]

Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Würdigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1968 benannte ihre Geburtsstadt Osnabrück eine Straße nach ihr.
  • In Dresden erinnert seit September 2013 ein „Stolperstein“ an Elfriede Scholz.
  • Zum 70. Todestag Elfriede Scholz’, dem 16. Dezember 2013, wurde in Berlin-Charlottenburg eine Gedenktafel enthüllt.[5]
  • Zum 75. Todestag, am 16. Dezember 2018, wurde ein Gedenkstein auf der Grabstätte der Mutter Anna Maria Remark auf dem Hasefriedhof Osnabrück aufgestellt.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Claudia Glunz, Thomas F. Schneider: Elfriede Scholz, geb. Remark. Im Namen des deutschen Volkes. Dokumente einer justitiellen Ermordung. [Ausstellungskatalog]. Universitäts-Verlag Rasch, Osnabrück 1997, ISBN 3-930595-76-1 (= Schriften des Erich-Maria-Remarque-Archivs. Band 11).
  • Heinrich Thies: Die verlorene Schwester. Elfriede und Erich Maria Remarque: eine Doppelbiografie. zu Kampen Verlag, Springe 2020, ISBN 978-3-86674-618-3.
  • Heinrich Thies: Die Schwester des Verfemten. In: Die Zeit. Nr. 37, 3. September 2020, S. 17.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Elfriede Scholz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Heinrich Thies: Die Schwester des Verfemten. In: Die Zeit Nr. 37 vom 3. September 2020.
  2. Andreas Conrad: Eine Doppelbiographie verrät Details über Remarques Schwester Elfriede Scholz. Der Tagesspiegel, 20. Dezember 2020, abgerufen am 11. Februar 2022.
  3. Gedenkstätte will ihnen ihre Würde wiedergeben. Überreste von Opfern der NS-Unrechtsjustiz werden beigesetzt. In: focus.de. Focus, 14. April 2019, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  4. Robert W. Kempner in einem Leserbrief an die FAZ, 2. Oktober 1970. Abgedruckt bei Tilman Westphalen: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Nachwort zu Erich Maria Remarque: Der Funke Leben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1998, S. 375–401, hier S. 389.
  5. Gedenktafel Scholz auf berlin.de
  6. https://www.hasefriedhof-johannisfriedhof.de/die-treuhandstiftung/initiative-gedenkstein-fuer-elfriede-scholz/